Freitag, 26. Juni 2009 14:58 Alter: 9 yrs

Jagdverbote schwächen Naturvölker: „Wir sind ein Teil der Erde“

 

Naturvölker sind gewohnt, von der Jagd zu leben

„Draußen in der Natur sind wir das, was wir immer waren: Jäger, Fischer und Trapper. Daran nehmen nun einige Leute Anstoß. Sie sitzen in den Ballungszentren Nordamerikas und Europas, wo sie die Natur längst zerstört haben, und reden über Dinge, von denen sie nichts verstehen.“ Bob Stevenson, Cree-Indianer und Sprecher der First Nations Kanadas, der Vertretung der Indianer, Inuit/Eskimos und Métis (Mestizen). - Das Leben von Mensch und (Pelz-)Tieren auf der Erde ist eng miteinander verbunden. Das gilt insbesondere für die letzten jagenden Völker, welche die natürliche Lebensweise ihrer Vorfahren beibehalten. Weit entfernt von Klischéebildern á la Winnetou, „Der mit dem Wolf tanzt“ und „Lars, der kleine Eisbär“ kämpfen die Nachfahren der Ureinwohner Nordamerikas bis heute darum, auf ihre traditionelle Weise zu leben und weiter jagen und fischen zu dürfen.

Die Jagdzeit der Indianer Nordkanadas ist das Winterhalbjahr. Das erbeutete Fleisch wird gegessen oder als Vorrat für den Sommer geräuchert, die Felle von den Frauen konserviert und zu Kleidung verarbeitet oder später an Fellhändler verkauft. Ebenso ist Jagen für die auf Grönland, in Alaska, in Nordkanada und zum Teil auch in Sibirien lebenden Eskimos (die sich selbst Inuit = Mensch nennen) überlebenswichtig: Selbst Patrick Moore von Greenpeace Kanada räumte vor einigen Jahren ein: „Man kann dort ja keine Kartoffeln anbauen, und wer dort lebt, muss das essen, was er vorfindet, besonders in schwer zugänglichen Gegenden.“

In Kanada leben heute noch ca. 700.000 Nachfahren der so genannten First Nations (Indianer) und noch einmal halb so viele Inuit/Eskimos und Métis (Nachfahren von Mischlingen aus Indianern und Weißen). Durch den gigantischen Völkermord und fatale „Assimilierungspolitik“ ist ohnehin viel von der Kultur und Lebensweise der Ureinwohner ausgelöscht worden. Dem eigenen Land beraubt, leben viele Indianer verarmt in Städten. Andere versuchen, in ihren Reservaten nach Art ihrer Vorfahren zu leben und als Jäger und Fallensteller durch die Wildnis zu ziehen, um damit ihre Familien und Stammesgemeinschaften zu ernähren.

Kanadas Wildnis mit seinem Tier- und Arteinreichtum bietet dafür hervorragende Bedingungen. Kanada ist mit fast zehn Millionen Quadratkilometern nach der Sowjetunion das zweitgrößte Land der Welt. 80 Prozent der Kanadier leben in den Städten und Ortschaften entlang eines rund 300 Kilometer schmalen Streifens an der Grenze zu den USA. 90 Prozent des Landes sind Wildnis. Die Bevölkerungsdichte ist gering: In Kanada leben im Durchschnitt 3,3 Einwohner pro Quadratkilometer – in der Bundesrepublik sind es 230. Etwa 40% der kanadischen Trapper sind Angehörige der „First Nations“/Ureinwohner. Pro Familie leben ca. vier Personen von einer Trapperlizenz, die sie ernährt, kleidet und beschäftigt.

Kampagnen gegen das Jagen, Fischen und Fallenstellen von Menschen aus den Industrienationen mögen gut gemeint sein. Für die Indianer, Inuit und Métis - und in letzter Konsequenz auch für die Natur und die Tiere – sind sie nicht hilfreich. Bob Stevenson vom Stamm der Cree-Indianer bringt die Position der Naturvölker auf den Punkt: „Was wir wollen? Ganz einfach: überleben. Und zwar nicht nur in den großen Städten und Industriezentren, sondern nach Art unserer Vorväter auch in der Freiheit der Wildnis, in den riesigen Wäldern und Tundren Kanadas.“

Unser "zivilisiertes" Leben steht in weiten Teilen den Traditionen der First Nations und ihrem Lebensstil diametrall entgegen. Sinnvolles Leben bedeutet für sie ein Leben mit und in der Natur. In Städte und Fabriken fühlen sie sich eingesperrt; viele verlieren ihren Lebensmut, ihre Ideale und ihre Traditionen, so dass sie besonders anfällig für Alkoholismus, Depressionen und Selbstmord sind. Nicht zuletzt sind die Ureinwohner bzw. ihre Nachfahren aus ihrer Tradition heraus Hüter der Natur. Für deren hemmungsloses Ausbeuten sind andere verantwortlich. Die Naturvölker tun aus ihrer Überzeugung heraus alles dafür, die nördlichen Regionen Kanadas vor Zerstörung durch Urbanisation, Straßen, Dämmen, Minen und Pipelines zu bewahren und so den Lebensraum für Menschen und Tiere im Gleichgewicht zu halten. Die Naturvölker haben ein unmittelbares Interesse daran, unterstreicht Stevenson: „Wir erhalten das Wild und die Natur, weil sie uns ernähren. Wir sind ein Teil der Erde und wollen mit ihr überleben.“